Neue Allgemeinverfügung über das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen in der Gemeinde Extertal
Allgemeinverfügung der Gemeinde Extertal über die Anordnung weiterer kontaktreduzierender Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2
Die Bürgermeisterin der Gemeinde Extertal als örtliche Ordnungsbehörde erlässt nachfolgende Allgemeinverfügung unter Aufhebung der Allgemeinverfügung vom 13.03.2020 über das Verbot von öffentlichen und Veranstaltungen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2:
- Alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen im gesamten Gebiet der Gemeinde Extertal werden hiermit untersagt.
Das schließt grundsätzlich auch Verbote für Versammlungen unter freiem Himmel wie Demonstrationen ein, die nach Durchführung einer individuellen Verhältnismäßigkeitsprüfung zugelassen werden können. Ausgenommen sind Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z. B. Wochenmärkte). - Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet oder einem besonderen betroffenen Gebiet entsprechend der jeweils aktuellen Festlegung durch das Robert-Koch-Institut (RKI) (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html)aufgehalten haben, dürfen für einen Zeitraum von 14 Tagen seit Rückkehr aus einem dieser Gebiete folgende Einrichtungen nicht betreten:
a) Gemeinschaftseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen,
Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen,
„Kinderbetreuung in besonderen Fällen“, Schulen und Heime, in denen
überwiegend minderjährige Personen betreut werden) sowie
betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre
Erziehungshilfe)
b) Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken
c) Stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe
d) Berufsschulen
e) Hochschulen
- Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie für stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe müssen folgende Maßnahmen umsetzen:
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- Es sind Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienten und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.
- Besuchsverbote oder restriktive Einschränkungen der Besuche sind auszusprechen; maximal ist ein registrierter Besucher pro Bewohner/Patient pro Tag mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneunterweisung zuzulassen. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z. B. Kinderstationen, Palliativpatienten)
- Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen
- Sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.
- Folgende Einrichtungen, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen beziehungsweise einzustellen:
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- Alle Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Kinos und Museen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen
- Alle Fitness-Studios, Schwimmbäder und sogenannte „Spaßbäder“, Saunen
- Alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen
- Zusammenkünfte in Sportvereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen
- Spielhallen, Spielbanken und Wettbüros
- Prostitutionsbetriebe
- Büchereien
- Der Zugang zu Restaurants, Gaststätten und Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen wird beschränkt und nur unter folgenden Auflagen gestattet:
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- Besucherregistrierung mit Kontaktdaten
- Reglementierung der Besucherzahl
- Mindestabstände zwischen Tischen von 2 Metern
- Aushänge mit Hinweisen zu richtigen Hygienemaßnahmen
- Die Anordnung ist zunächst befristet bis 19.04.2020 um 24.00 Uhr.
Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Absatz 4 Satz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW (VwVfG NRW) einen Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung. Im Internet ist sie einsehbar unter www.extertal.de.
Begründung:
Die Gemeinde Extertal ist nach § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG i.V.m § 3 ZVO-IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig. Unter den Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen.
Gemäß § 2 Nr. 1 IfSG sind Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermehrungsfähige Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG.
Die angeordnete Maßnahme ergeht auf Grund der derzeitigen Einstufung der Verbreitung des neuen Coronavirus (Sars-CoV-2) als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die ganze Weltbevölkerung einem Erreger potenziell ausgesetzt ist und „potenziell ein Teil von ihr erkrankt“. Zudem besteht auf Grund der Risikobewertung des Robert Kochs Instituts weiterhin auf globaler Ebene eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation, mit zum Teil schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Seit im Dezember 2019 erstmals in China Menschen von einer neuartigen Lungenkrankheit befallen wurden, breitet sich das Virus SARS-CoV-2 immer weiter aus. Dies betrifft auch die Gemeinde Extertal. Inzwischen sind 55 Personen positiv getestet und weitere Verdachtsfälle bekannt (Stand 16.03.2020).
Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen.
Übertragungen kommen im privaten und beruflichen Umfeld, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen vor. Auf diesen kann es unter ungünstigen Bedingungen zu einer Übertragung auf die anwesenden Personen kommen.
Die Gemeinde Extertal ordnet deshalb nach umfassender Interessenabwägung und Risikobewertung mit dieser Verfügung die o. a. Maßnahmen in ihrem Gemeindegebiet an.
Diese Anordnung gilt zunächst befristet bis zum bis 19.04.2020.
Dieser Zeitraum ist angemessen, um die weitere Verbreitung kurzfristig zu verzögern. Eine kürzere Befristung ist nicht angezeigt, da in den nächsten Wochen noch mit weiter steigenden Infektionszahlen zu rechnen ist. Sollte die Entwicklung zeigen, dass die Maßnahmen schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich sind, wird die Anordnung geändert. Sofern über diesen Zeitpunkt hinaus Anordnungen notwendig sind, wird eine entsprechende Verlängerung der Maßnahme erfolgen. Durch die Einstufung durch die WHO als Pandemiefall sowie die weiter steigenden Infektionszahlen innerhalb der letzten 24 Stunden sind andere Maßnahmen, die Gefahr ausreichend zu mildern, nicht ersichtlich.
Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen.
Die Maßnahmen sind geeignet, zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen und daher erforderlich.
Mildere Maßnahmen sind aufgrund des Infektionsweges über Tröpfchen nicht gleichermaßen effektiv. Insbesondere ist es nicht ausreichend, das Betreten der vorgenannten Institutionen unter Anordnung von Auflagen zu erlauben, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle empfohlenen Vorsorgemaßnahmen eingehalten werden können und die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z. B. Händedesinfektion) ausreichend beseitigt wären. Die vorgenannten Maßnahmen sind geeignet, erforderlich und angemessen, um die konkret drohende Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen abzuwehren. Diese Gemeinwohlbelange rechtfertigen die Verbote und Beschränkungen. Die Gesundheit und das menschliche Leben genießen einen höheren Stellenwert als die allgemeine Handlungsfreiheit. Den zu erwartenden Einschränkungen, die auch wirtschaftlicher Natur sind, stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Hierbei handelt es sich um Rechtsgüter von sehr hoher Bedeutung. Um dem staatlichen Schutzauftrag gerecht zu werden, sind die Verbote und Beschränkungen unter Abwägung aller beteiligten Interessen daher gerechtfertigt.
Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 i.V.m § 16 Abs. 8 IfSG. Eine Klage hat somit keine aufschiebende Wirkung.
Auf die Strafvorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG wird hingewiesen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben werden. Die Klage ist beim Verwaltungsgericht Minden (Königswall 8, 32423 Minden oder Postfach 3240, 32389 Minden) schriftlich oder dort zur Niederschrift des Urkundenbeamten der Geschäftsstelle oder durch Übertragung eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO- und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24.11.2017 (BGBI. S. 3803) einzureichen.
Extertal, 17.03.2020